Stell dir vor deinem inneren Auge Chantal, Kevin, Mandy und Justin als ein paar Schüler:innen einer Grundschulklasse vor. Welches Bild entsteht in deinen Gedanken: In welcher Umgebung ist die Schule, wie sehen die Kinder aus?
Dann stelle dir eine andere Klasse voller Grundschüler:innen vor. Marie, Max, Jakob, Simon und Hannah sind Teil davon. Welches Bild hast du jetzt von den Schüler:innen und dem Umfeld?
Wie geht es in beiden Klassen zu: Wie verhalten sich die Kinder, welche Leistungen haben sie?
Falls deine Bilder im Kopf und/oder deine Gedanken sehr unterschiedlich waren – und die Wahrscheinlichkeit ist ziemlich hoch – dann war daran ziemlich sicher der Halo-Effekt beteiligt. Weiter unten im Artikel erzähle ich dir von einer Studie zu dem Thema. Jetzt geht es aber erst einmal um die Frage:
Was ist der Halo-Effekt?
Der Begriff „Halo-Effekt“ (Halo aus dem Englischen = Heiligenschein) stammt aus der Sozialpsychologie und beschreibt ein Phänomen, bei dem von einer bekannten Eigenschaft eines Menschen auf andere Eigenschaften geschlossen wird, ohne dass diese tatsächlich gegeben sein müssen. Hier werden also Schlussfolgerungen von einer oder wenigen Informationen auf das große Ganze gemacht. Ein einziges Merkmal kann so dominant wirken, dass es Auswirkung auf das Gesamtbild hat. Es kann sich neben Charaktereigenschaften auch um äußere Merkmale handeln. Auch bei Gegenständen kann das Phänomen greifen.
Hier sind einige typische Beispiele für den Halo-Effekt:
- Brillenträger sind klug und gebildet
- Schöne Menschen sind intelligent
- Zuckerfreie Lebensmittel sind gesund
- Eine Person im Anzug/Kostüm ist erfolgreich
Natürlich können die o. g. Korrelationen gegeben sein. Beim Halo-Effekt werden diese Verknüpfungen jedoch unbewusst hergestellt und nicht überprüft, ob die Schlussfolgerung tatsächlich stimmt.
Das Gegenteil vom Halo-Effekt: der Teufelshörner-Effekt
Diese kognitive Verzerrung kann auch in negativer Form auftreten. Dann spricht man vom Teufelshörner-Effekt (oder auch kurz: Horn-Effekt). Übergewichtigen Menschen wird so häufig Trägheit und geringere Intelligenz zugeschrieben. Es kommt auch oft vor, dass allein vom (Nach)-Namen auf den Bildungsstand geschlussfolgert wird. So gab es im Jahre 2009 eine Studie der Universität Oldenburg, in der rund 2000 Grundschullehrer:innen eine virtuelle Klassenliste vorgelegt bekamen und anhand der Vornamen Vermutungen über die Kinder anstellen sollten.
Simon, Marie, Jakob und Hannah wurden hierbei von 80% der Lehrkräfte als freundlich, nett, unauffällig und fleißig beschrieben. In ebenso 80% der Fälle assoziierten die Lehrpersonen Kinder mit den Namen Chantal, Kevin, Mandy und Justin als frech und verhaltensauffällig ein. Über 50% der Befragten gingen davon aus, dass Kinder mit diesen Namen einen eher sozial schwachen Bildungshintergrund hätten und schrieben ihnen generell eher negative Eigenschaften zu.
Warum leitet uns unser Gehirn hier in die Irre?
Die Welt, in der wir leben, ist komplex. Wir sind täglich einer hohen Informationsflut ausgesetzt. Müssten wir alles immer wieder bewusst analysieren und einordnen, wäre unser Gehirn überfordert. Da ist das „Schubladendenken“ eine Erleichterung: Innerhalb kurzer Zeit können wir Informationen verarbeiten, ohne unser Gegenüber in der Komplexität der Persönlichkeit analysieren zu müssen. So strukturieren wir uns die Welt und finden uns schneller und leichter in ihr zurecht.
Dieses schnelle Einsortieren spart Zeit und Energie – und das ist das Ziel unseres Gehirns. Es verbraucht rund 20% unseres Gesamtkalorienbedarfs. Den Großteil davon für die Aufrechterhaltung der lebenserhaltenden Funktionen wie Atmung, Puls und Gleichgewichtssinn. Damit hierfür immer genügend Energie vorhanden ist, spart unser Gehirn gerne an anderen Stellen. So ist am Halo-Effekt letztlich unser Gehirn Schuld.
Nutze den Halo-Effekt für dich und dein Business
Nimm einmal die Beobachterperspektive ein, und betrachte dein Business von außen. Wie wirkt deine Website, dein Social-Media-Auftritt, deine Unterlagen, die du zur Verfügung stellst, du selbst im Kontakt mit (potenziellen) Kund:innen? Welches Gesamtbild könnte aus einzelnen Merkmalen deiner Außendarstellung entstehen? Entspricht dieses Bild der Realität?
Ist z. B. deine Website gut strukturiert, aktuell gehalten, mit aussagekräftigen Kund:innen-Feedbacks und/oder Arbeitsproben versehen, wird dir in der Regel eine gewisse Kompetenz zugeschrieben. Deine potenziellen Kund:innen brauchen diese Anhaltspunkte für deine Kompetenz, da du diese erst in einer Zusammenarbeit wirklich unter Beweis stellen kannst. Natürlich geht die Rechnung nur auf, wenn du diese Kompetenz auch hast und das Bild von dir hält, was es verspricht. Aber davon gehe ich aus 🙂
Schau also genau hin und frage dich, wie du den Halo-Effekt für dich nutzen kannst, um auf einen schnellen Blick das auszustrahlen, was du im Kern wirklich bist.
Tappe selbst nicht in die Falle
Da du jetzt den Halo-Effekt kennst und weißt, dass diese positive oder negative Wahrnehmungsverzerrung blitzschnell und unbewusst abläuft, kannst du zukünftig dein Wissen nutzen und immer mal wieder innehalten, um bewusst weitere Informationen zu sammeln.
So läufst du nicht Gefahr, anhand eines Merkmals ein Gesamtbild zu kreieren, das nicht der Realität entspricht. Das kann dir nicht nur für dein Business helfen, sondern auch dir als Kund:in. Mit diesem Bewusstsein und dem genauen Hinsehen, kannst du die für dich richtigen Entscheidungen treffen und wirst nicht von deinem Gehirn überrumpelt.
In Kürze
1. Der Halo-Effekt (Phänomen aus der Sozialpsychologie) ist eine positive Verzerrung in der Wahrnehmung. Ein einzelnes (dominantes) Merkmal überstrahlt alle anderen und erzeugt ein positives Gesamtbild, (das mit der Realität nicht übereinstimmen muss.)
2. Die negative Verzerrung wird Horn-Effekt genannt (oder auch Teufelshörner-Effekt). Hier formt sich ein negatives Gesamtbild aufgrund eines einzelnen (dominanten) Merkmals.
3. Dieses schnelle Verarbeiten von Informationen und Schubladendenken ist für uns hilfreich, um uns schnell und leicht in unserer komplexen Welt zurecht zu finden. Durch diese Abkürzungen spart unser Gehirn Energie, die so für die Aufrechterhaltung der lebenserhaltenden Körperfunktionen zur Verfügung steht.
4. Du kannst den Halo-Effekt für dein Business nutzen und gezielt Merkmale einsetzen, die auf deine Kompetenz schließen lassen. (Natürlich nur, wenn du auch wirklich halten kannst, was du versprichst.) Schau dir deine Außenwirkung genau an und justiere ggf. nach.
5. Das Wissen um den Halo-Effekt kannst du nicht nur für dich und dein Business nutzen, sondern auch darüber hinaus: Es lohnt sich, Menschen nicht zu schnell in Schubladen zu packen, sondern genauer hinzuschauen – so kannst du z. B. selbst als Kundin bewusstere und für dich richtige Entscheidungen treffen.
𝐒𝐞𝐢 𝐝𝐮 𝐬𝐞𝐥𝐛𝐬𝐭 🧡 𝐬𝐭ä𝐧𝐝𝐢𝐠.